von Christian Jaerschke | Mai 30, 2014 | Motivation, Strategien
Paul Breitner ist einer der bekanntesten und erfolgreichsten Fußballer aller Zeiten, jedenfalls für mich. In der Abschluss Keynote auf einem Kongress hat er kürzlich seine 10 Stufen zum Erfolg vorgestellt. Ich war bei dem Vortrag dabei und hatte anschließend die Gelegenheit, ein paar Worte mit ihm zu wechseln. Was ich daraus mitgenommen habe und was m.E. alle Athleten von Paul Breitner lernen können, erfährst du in diesem Blog.
Zur Erinnerung an seine Erfolge hier eine kurze Zusammenfassung*: „Im Alter von 19 Jahren absolvierte Paul Breitner sein erstes Länderspiel für Deutschland und erkämpfte sich bald einen Stammplatz in der Fußball-Nationalelf. 1972 wird er Europameister, im WM-Finale 1974 verwandelte er einen Foul-Elfmeter und wurde zu einer der spielbestimmenden Persönlichkeiten. 1978 wechselte er zu seinem alten Verein FC Bayern München, mit dem er 1980 und 1981 erneut Deutscher Meister wurde. Seit 2007 arbeitet er als Berater und Scout, seit der Saison 2009/20010 ist er globaler Markenbotschafter des FC Bayern München.“
Stufe 1: Der Sieg über sich selbst
Hier geht es m.E. im Kern darum, über Grenzen hinauszuwachsen. Meine persönliche Philosophie dazu ist: „Grenzen sind Limitationen, an die Andere glauben, gemacht von Menschen mit eingeschränkter Sicht.“ Das soll kein Dogma sein, sondern eher ein Mindset, sich weiterzuentwickeln. Es gibt viele mentale Werkzeuge und Techniken, die diesen Prozess unterstützen, die Athleten und ambitionierten Menschen dabei helfen können, über (ihre) Grenzen zu gehen und ihre Möglichkeiten zu erweitern. In diesem Sinne ist meine Botschaft:
- Stelle limitierende Glaubenssätze und vermeintliche Barrieren in Frage und suche nach Möglichkeiten, sie zu überwinden!
- Beginne damit, Grenzen im Geist zu überwinden – denn das kann jeder und es kann der entscheidende Schlüssel sein, neue sportliche Bestleistungen und Ziele zu erreichen.
Stufe 2: Zielsetzung
Paul Breitner hat sich früh große Ziele gesetzt: Bundesliga => FC Bayern => Nationalmannschaft => Stammplatz in der Nationalelf => Weltmeister. Für einen Hobby-Triathleten könnten mögliche Ziele sein: Teilnahme Volkstriathlon (Sprintdistanz) => Olympische Distanz (Kurzdistanz) => Mitteldistanz (70.3) => Langdistanz (Ironman).
Ziele sind wichtig, denn sie geben uns eine Orientierung, helfen unsere Gedanken zu fokussieren und unsere Handlungen entsprechend auszurichten.
Ziele dürfen groß sein. Die meisten Menschen setzen sich (zu) kleine Ziele. Allerdings sollten sie auch realistisch sein. Eine bewährte Formel, Ziele richtig zu setzen, heißt SMART. SMART ist ein Akronym für „Specific, Measurable, Accepted, Realistic, Timely“ und dient als Kriterium zur optimalen Definition von Zielen. In Anlehnung an Wikipedia heißt das:
- S – Spezifisch: Ziele müssen eindeutig definiert sein (nicht vage, sondern so präzise wie möglich).
- M – Messbar: Ziele müssen messbar bzw. überprüfbar sein (Messbarkeitskriterien).
- A – Akzeptiert: Ziele müssen von den Empfängern akzeptiert werden/sein (auch: angemessen, attraktiv, abgestimmt ausführbar oder anspruchsvoll). Nur wenn ein Ziel attraktiv genug ist und du es für dich setzt, wird es dir dienen.
- R – Realistisch: Ziele müssen möglich sein.
- T – Terminiert: zu jedem Ziel gehört eine klare Terminvorgabe, bis wann das Ziel erreicht sein soll.
Stufe 3: Bereitschaft zu lernen
Ziele zu verfolgen, sich weiterzuentwickeln, neue sportliche Bestzeiten oder Erfolge zu erreichen, bedeutet, die Komfortzone zu verlassen und neue Wege zu gehen. Das geht nur mit der Bereitschaft, kontinuierlich zu lernen. Selbst erfahrene Profis lernen nie aus. Paul Breitner lebt das bis heute.
Ich setze mir jeden Tag zum Ziel, etwas Neues zu lernen. Meist verbringe dann 30-60 Minuten am Tag damit, etwas Neues zu lernen. Meine Empfehlung:
- Mache es dir zur Gewohnheit, jeden Tag damit zu beginnen, etwas inspirierendes zu lesen. Das muss gar nicht viel sein, ein paar Absätze oder Seiten in einem Buch oder einer Zeitschrift genügen.
Stufe 4: Sachlichkeit und Nüchternheit
Paul Breitner verbindet damit die Frage: Warum tue ich das, also zu trainieren und Fußball zu spielen? Seine nüchterne und klare Antwort lautet: Um zu gewinnen.
Vielleicht hast du eine andere Antwort. In jedem Fall finde ich es wertvoll, diese Frage für sich zu beantworten. Also nehme dir etwas Zeit und beantworte die Frage:
- Warum machst du Triathlon oder eine andere Sportart?
- Am besten du schreibst die Antwort auf.
- Wenn du deine Antwort(en) gefunden hast und noch einen Schritt weiter gehen willst, dann frage: Warum ist mir das (deine Antwort) wichtig? Frage dich nach dem Grund deiner Antwort. Vielleicht gewinnst du ein paar neue Erkenntnisse über dich selbst.
Stufe 5: Kollegialität als Einzelkämpfer
Nach der allgemeinen Auffassung ist Fußball eine Mannschaftssportart. Und natürlich läuft der FC Bayern München oder jedes andere Team zu seinen Spielen als Mannschaft mit 11 Spielern auf. Paul Breitner zufolge geht es aber eben nicht um die romantische Vorstellung von 11 Freunden sondern um 11 Einzelkämpfer, die als Kollegen zusammenarbeiten, um Spiele zu gewinnen.
Im Triathlon oder vielen anderen Einzelsportarten stellt sich die Frage weniger. Deshalb möchte ich zu Stufe 5 folgende Ergänzung hinzufügen:
- Kämpfe um deine beste Leistung in jedem Wettkampf.
- Mache im Wettkampf keine Geschenke an die anderen Teilnehmer aber gehe kollegial und fair mit ihnen um.
Stufe 6: Leistungswille und 100% Leistungsbereitschaft
Eine alte Volksweisheit besagt: „Der Wille versetzt Berge“. Im Sport kann der Leistungswille über Sieg oder Niederlage entscheiden. Der Begriff Wille ist abgeleitet aus der Umgangssprache – als eine Substantivierung des Verbs ‚wollen’.
Wenn deine Antworten und die damit verbundenen Gefühle auf die Frage des „Warum?“ aus Stufe 4 stark genug sind, dann hast du beste Voraussetzungen für einen starken Willen, der dich deinen Zielen näher bringt.
Dazu fällt mir eine kurze Geschichte aus einem Buch von Jose Silva (Think and Grow Fit) ein:
Ein junger Schwimmer namens Don hat einen früheren Champion gefragt, ihm das Geheimnis zu verraten, ein Weltmeister im Schwimmen zu werden.
Da fragt der Veteran: Bist du sicher, dass du bereit bist, das Geheimnis zu lernen? Der Junge antwortete: Ich würde alles dafür geben.
Darauf packte der ehemalige Champion plötzlich Don’s Kopf und drückte ihn unter Wasser. Erst baute Don Wiederstand auf, doch dann gab er nach, denn er dachte, der Champion will nur testen ob er sich vor dem Wasser fürchtet.
Als jedoch sein Nacken und sein Rücken zu schmerzen anfingen und er keine Luft mehr bekam, wurde er nervös. Er begann aufs Neue, sich zu wehren. Sein Ringen nach Luft wurde immer stärker. Er wollte den ehemaligen Champion anschreien, ihn loszulassen bevor er sterben würde. Dann dachte er, wenn das der Preis ist, Weltmeister zu werden, vielleicht ändere ich meine Meinung.
Als er spürte, dass er es nicht länger aushalten würde, versuchte er sich mit aller Kraft loszureisen. Dann zog der Champion Don’s Kopf an den Haaren aus dem Wasser.
Nachdem sich Don etwas erholt hatte, fragte ihn der Veteran: Was hast du dir gewünscht, als ich deinen Kopf unter Wasser gedrückt habe? Don antwortete: Ein Weltmeister im Schwimmen zu werden.
Dann sprach der alte Champion weiter: Und was war dein größter Wunsch, kurz bevor ich dich aus dem Wasser gezogen habe? Don’s Antwort: Ein Atemzug voller Luft.
Schließlich fuhr der ehemalige Champion fort: Wenn dein Wunsch, ein Weltmeister zu sein genauso groß ist, wie gerade dein Wunsch nach einem Atemzug voller Luft, dann wirst du bereit sein, hart genug zu arbeiten, ein Weltmeister zu werden. Und jetzt kennst du das Geheimnis meines Erfolges.
Stufe 7: Absoluter Anspruch an sich selbst
Paul Breitner sagte in der Keynote, dass er nie zu 100% mit sich zufrieden war. Ich glaube, genau diese Unzufriedenheit hat ihn zu einem der erfolgreichsten Fußballer aller Zeiten gemacht. Denn Unzufriedenheit, gepaart mit einem starken Willen und großen Zielen, motiviert, sich kontinuierlich zu verbessern. Und Tiger Woods hat einmal gesagt: „Du kannst dich immer verbessern.“
Aus einer Position in der Komfortzone, der vollkommen Zufriedenheit werden selten Weltmeister geboren.
Absoluter Anspruch an sich selbst heißt für mich u.a.:
- Immer das Beste zu geben
- Immer nach Möglichkeiten zu suchen, etwas besser zu machen
- Hungrig zu sein, sich kontinuierlich weiterzuentwickeln
- Nie aufzugeben
Stufe 8: Selbständigkeit
Als Sportler in der heutigen Zeit kann man sich schnell daran gewöhnen, fast komplett von seinem sportlichen Umfeld aus Trainern, Coachs, Ärzten, Physiotherapeuten etc. gesteuert zu werden. Natürlich ist es schön und gut, wenn man als Sportler so ein Umfeld hat, dass Trainingspläne vorgibt, Wettkämpfe selektiert, die Regeneration steuert, Rennstrategien entwirft etc.
Es gibt allerdings Niemanden, der dich besser kennt als du selbst und der weiß, was du wirklich willst. Deshalb ist meine Empfehlung:
- Übernehme selbst die Verantwortung für deine sportliche Karriere und deine persönliche Weiterentwicklung
- Stelle auch einmal eine Empfehlung in Frage bevor du ihr blind folgst
- Schärfe deine Wahrnehmung
- Folge deiner Intuition
Stufe 9: Positives Denken
Wir denken pro Tag 60-80.000 Gedanken. Allerdings sind nur 3-5% davon bewusste Gedanken. Was in den 95-97% unbewusster Gedanken abläuft, ist sicher eine spannende Frage, vielleicht für einen eigenen Artikel. Wenn der Anteil der bewussten Gedanken also relativ klein ist, so ist er umso kostbarer für uns und wir sollten unsere Energie für positive Gedanken verwenden.
Paul Breitner – Beispiel 1: „Ich werde gewinnen, wir werden deutscher Meister“
Paul Breitner – Beispiel 2: Paul Breitner hasste es, bei Schnee und Eis Fußball zu spielen. Irgendwann ist ihm bewusst geworden, dass diese Einstellung ihm und der Mannschaft nicht dienlich ist. Dann hat er dem Ganzen eine andere Bedeutung gegeben und sich 4-5 Wochen im Winter jeden Morgen gesagt „…endlich wieder ein Schnee- und Eisspiel…“
Paul Breitner – Beispiel 3: Man mag es kaum glauben, aber es gab für ihn tatsächlich so etwas wie einen „Angstgegner“. Über die Zeit hat sich bei ihm ein mentales Muster eingeprägt, dass wenn seine Mannschaft zur 70. Minute nicht mindestens 3 Tore Vorsprung gegen dieses Team hatten, am Ende das Spiel verlieren würden. Diese negativen Gedanken haben sich auf sein Spiel und auf die Mannschaft übertragen. Es entwickelte sich schließlich so etwas wie eine selbsterfüllende Prophezeiung, im negativen Sinne.
Irgendwann wurde ihm dieser Zusammenhang bewusst und er hat entschieden, die Mannschaft alleine zu diesem Gegner fahren zu lassen, so dass sich seine Gedanken und seine Einstellung nicht auf die Mannschaft übertragen konnten. Mit Erfolg, der „Fluch“ wurde gebrochen und der Angstgegner wurde zu einem normalen Gegner degradiert.
Stufe 10: Risikobereitschaft zur Persönlichkeitsentwicklung
Wer sich weiterentwickeln will, der muss sich auf Neuland begeben. Ohne Mut zum Risiko geht das nicht.
Als ich mich zu meiner ersten Triathlon Langdistanz (Ironman) angemeldet habe, hatte ich keine Ahnung, ob und wie ich das schaffen würde. Ich konnte es mir im Grunde genommen noch nicht einmal vorstellen.
Ich bin ein Risiko eingegangen und wurde ein Jahr später dafür mit meinem ersten Finish belohnt. Vielleicht gibt es bei dir auch etwas für das es sich lohnt, ein kleines oder großes Wagnis einzugehen.
Was ist deine Meinung zu den 10 Stufen? Nutze die Gelegenheit und schreibe einen kurzen Kommentar.
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Quellen: